„Ich musste sie kaputt machen“
– Anatomie eines Jahrhundertmörders –
Autor: Stephan Harbort
Erschienen: Oktober 2013 – Preis: 9,99 € – Sachbuch
Verlag: Ullstein – Taschenbuchausgabe: 384 Seiten – ISBN: 978-3-548-37479-6
Kurzgeschichte:
„Der Name Joachim Georg Kroll steht für eines der dunkelsten Kapitel der deutschen Kriminalgeschichte. In mehr als zwei Jahrzehnten tötete der Serienmörder mehrere Frauen und Mädchen, bevor er von der Polizei gefasst wurde. Mit analytischer Schärfe untersucht der bekannte Kriminalist Stephan Harbort den Fall des »Jahrhundertmörders«. Dabei entsteht das beeindruckende Psychogramm eines Mannes, der zeit seines Lebens von seinen Trieben gesteuert wurde.“
Meine Meinung:
Wie kann ein Mensch jahrzehntelang unentdeckt morden? Männer, Frauen, Kinder? Zum Schluss sogar zum Kannibalen werden? Wie kann ein Mensch eine ganze Nation in Atem halten und Angst und Schrecken verbreiten? Wie kann ein Mensch in stundenlangen Verhören derart emotionslos seine Gräueltaten gestehen und bei Tatortbegehungen ebenso kalt agieren? Wie wird ein Mensch zu einem solchen „Jahrhundertmörder“?
Stephan Harbort schreibt in seiner ihm eigenen Art über den Mörder Joachim Georg Kroll, (geboren am 17. April 1933 in Hindenburg in Oberschlesien; gestorben am 1. Juli 1991 in Reinbach), der über 20 Jahre aus dem Ruhrgebiet heraus grausam und bestialisch mordete. Morden konnte, ohne entdeckt zu werden. Er versucht dem Leser die Gründe aufzuzeigen, wie Kroll zu einem empathilosen Mörder werden konnte.
Er erzählt die Geschichte des Mannes Kroll, der schon in der Kindheit erfahren musste, wie bedeutungslos seine Person schon in der Familie war; wie er schnell für sich lernte, sich unauffällig überall zu bewegen, um auf keinen Fall Aufmerksamkeit zu bekommen. Mit einem IQ von weit unter 100 eckte er überall an und Spott und Häme waren seine täglichen Begleiter.
Sein Leben verbringt Kroll mit Aushilfsjobs, die ihn halbwegs über Wasser halten. Als in seiner Pubertät sein Interesse an Frauen und Sexualität wächst, bekommt er stets Abweisungen, Häme und Spott. Das macht ihn immer mehr zum Aussenseiter, der sich immer weiter zurückzieht.
Durch die Zurückweisungen flüchtet Kroll sich in die Selbstbefriedigung und den Sex mit Tieren, was jedoch sein Verlangen nach Sexualität nur kurzzeitig stillt und er mehr und mehr zu einer tickenden Zeitbombe wird. Ab da sucht er sich seine Opfer, Frauen und Kinder, die er, laut seinen eigenen Aussagen „…kaputt machen muss!“ indem er sie würgt und anschliessend tötet; und das an immer unterschiedlichen Orten und aus den unterschiedlichsten Situationen heraus. Kroll nennt den Drang dazu das „…komische Gefühl!“ Immer, wenn er dies spürte, musste er ihm nachgeben, eine Frau oder ein Mädchen suchen und es „…kaputt machen!“. Erst der Ausdruck in den Gesichtern der Opfer im Todeskampfes war für ihn die Erlösung von dem „…komischen Gefühl!“.
Stephan Harbort lässt seine Leser am chronologischen Lebenslauf von Joachim Kroll teilhaben, indem er nach Recherche von Geständnis Kroll´s, Vernehmungsprotokollen, Ermittlungen, Gerichtsakten und andere Berichte und Beurteilungen seitens Psychiatern, die Kroll begutachtet haben, dessen Gräueltaten erzählt. Man hat als Leser abwechselnd immer ein Gefühl von Grauen, Ungläubigkeit, Ekel, Hass und auch Mitleid.
Im einem Moment möchte man Kroll selbst in die Mangel nehmen, im anderen Moment kommt ein Stück weit das Gefühl auf, dass man ihm helfen möchte, weil die Lösung seines Problems doch so einfach scheint. Dann aber wieder verabscheut man ihn und will fast aufhören zu lesen. Doch man kann nicht aufhören, man MUSS wissen, was weiterhin mit dem Monster, und dennoch auch Menschen Kroll passiert.
„Am 5. Oktober 1979 begann der Prozess, und am 8. April 1982 wurde der mittlerweile in den Medien als „Menschenfresser von Duisburg“ bezeichnete Kroll, dem acht vollendete und ein versuchter Mord nachgewiesen werden konnten, schließlich zu einer lebenslangen Haft verurteilt. Kroll verstarb in Haft in der JVA Rheinbach an einem Herzinfarkt.“ (Quelle: Wikipedia)
Stephan Harbort hat in seinem Buch „Ich musste sie kaputt machen“ das Leben eines Serienmörders aufgezeigt, der in kein typisches Schema eines Serienmörders passt. Er chronologiert die Ermittlungen der Polizei, die durch die Gräueltaten an ihre persönlichen Grenzen stoßen. Selbst, dass ein Falscher für Kroll´s Taten verurteilt wurde und 3 Jahre dafür unschuldig im Gefängnis sass, lässt Harbort nicht außen vor.
Er lässt die Angehörigen und auch die Opfer „zu Wort kommen“ indem er alle Beteiligten thematisiert. Sein Schreibstil ist spannend, trotz des teils sehr langweiligen Lebens Kroll, nicht reißerisch, aber dennoch fesselnd.
„Ich musste sie kaputt machen“ ist meiner Meinung nach das beste Buch, was Stephan Harbort bis dato veröffentlicht hat. Es ist harte Kost, nichts für zarte Seelen, brutal, aber es versucht aufzuklären über einen Menschen, der zum Monster wurde.
Von meiner Seite eine ausdrückliche Leseempfehlung!
Daniela Kampschulte