Brief eines amerikanischen LKW-Fahrers

Dies ist der Brief,der vor vielen Jahren in einem Rundschreiben einer amerikanischen Spedition veröffentlicht wurde.

Der Abschieds-Brief wurde von einem Fahrer geschrieben, der einen LKW mit der Aufschrift „Transom Transport“ fuhr.
Die Firma wurde bereits übernommen und mit einer anderen verschmolzen.
Der Brief wurde im Februar 1986 geschrieben. Fahrer und LKW wurden 2 Tage nach dem Unfall, auf halber Strecke des Alaska Highway, gefunden. Der Fahrer, Bill Hamilton, wurde von seiner Frau und vier, jetzt erwachsenen Kindern, in Ashland/Oregon beerdigt.

Steamboat Mountain war ein Mannkiller, und Fahrer, die den Alaska Highway befuhren, behandelten ihn mit großem Respekt. Besonders im Winter lösen sich spitze, scharfe Steine aus der vereisten, kurvigen Straße.
Unzählige Fahrer und LKW´s gingen im Laufe der Jahre verloren und viele Träume zerschmetterten an den steinigen Hängen.

Vor vielen Jahren, auf einer Tour den Alaska Highway hinauf, traf ich auf ein Bergefahrzeug und einige Männer kurbelten die Überreste einer Sattelzugmaschine über die Klippen.
Ich parkte meinen Zug und ging hinüber zu einer Gruppe schweigender Fahrer, die beobachteten, wie die Wrackteile langsam in Sicht kamen.

Einer der Polizisten kam zu uns rüber und sagte ruhig: „ Es tut mir leid.
Der Fahrer war tot als wir ihn fanden. Er muß während eines schweren Schneesturms von der Straße abgekommen sein.
Es gab wenig Spuren, nur das Aufblitzen des Chroms in der Sonne.“ Er schüttelte langsam seinen Kopf und griff in seine Jackentasche: „Hier Männer, vielleicht solltet ihr das lesen. Ich glaube, er hat noch ein paar Stunden gelebt, bevor die Kälte….“

Mein Liebling,

dies ist ein Brief, den kein Mann jemals schreiben möchte, aber ich bin glücklich noch soviel Zeit zu haben,
Dir zu sagen, was ich soviele Male vergessen habe.

Ich liebe Dich, Schatz.

Du hast mich damit aufgezogen, daß ich meinen Truck mehr liebe als Dich, weil ich mehr Zeit mit „ihr“ verbracht habe.
Ich liebe dieses Stück Eisen, „sie“ war gut zu mir.
Sie begleitete mich durch harte Zeiten und Orte und ich konnte während langer Touren immer auf sie zählen.
Und sie war schnell. Sie ließ mich nie im Stich.

Aber Du möchtest etwas wissen?

Dich liebe ich aus den gleichen Gründen.
Du hast mich auch durch harte Zeiten begleitet.
Erinnerst Du Dich an den ersten Truck?
Du suchtest Dir einen Job, daß wir Miete und Rechnungen bezahlen konnten.
Jeden Cent, den ich verdiente, steckte ich wieder in den Laster,
während uns Dein Geld ernährt und uns ein Dach über dem Kopf gibt.

Ich erinnere mich, daß ich mich über den Truck beklagt habe, aber ich kann mich nicht erinnern,
daß Du Dich jemals beklagt hast, wenn Du müde von der Arbeit kamst und ich nach Geld fragte, um wieder loszufahren.

Wenn Du Dich beschwert hast, habe ich Dir vermutlich nicht zugehört.
Ich war zusehr mit meinen Problemen beschäftigt, als an Deine zu denken.

Jetzt denke ich an all die Dinge, die Du für mich aufgegeben hast.
Kleider, Ferien, Partys, Freunde.
Du hast Dich nie beschwert, und irgendwie habe ich mich nie bedankt,
daß Du so bist, wie Du bist.

Wenn ich mit den Jungs Kaffee getrunken habe, sprach ich immer vom LKW, meinem Zug, meiner Bezahlung.
Ich habe vergessen, daß Du meine Partnerin warst, eben weil Du nicht bei mir in der Kabine gewesen bist.

Es waren mehr Deine Opfer und Dein Entschluß, daß wir letzlich einen neuen Truck bekamen.
Ich war so stolz auf den Laster, daß ich fast geplatzt wär.
Auch auf Dich war ich stolz, ich habe es Dir niemals erzählt.

Ich wusste, daß mich Deine Gebete immer begleitet haben.
Aber diesmal waren es nicht genug.

Ich bin verletzt und das ist schlecht.
Ich bin meine letzte Meile gefahren und ich möchte all die Dinge sagen, die ich soviele Male zuvor hätte sagen sollen.
Die Dinge, die in Vergessenheit gerieten, weil ich zusehr mit dem LKW und meinem Job beschäftigt war.

Ich denke an die versäumten Hochzeitstage und Geburtstage.
Die Schulveranstaltungen und Hockey-Spiele, zu denen Du allein gehen musstest, weil ich auf der Straße war.

Ich denke an das beruhigende Gefühl zu wissen, daß Du mit den Kindern zu Hause warst und auf mich gewartet hast.

Die Familienessen, die Du ausgerichtet hast und Deine ganze Zeit geopfert hast zu erklären, warum ich nicht dabei sein konnte.
Ich war damit beschäftigt einen Ölwechsel zu machen,
nach Ladung zu suchen, zu schlafen, weil ich am nächsten Morgen sehr früh los musste.

Es gab immer irgendeinen Grund, und irgendwie scheinen sie jetzt nicht mehr sehr wichtig zu sein.

Als wir heirateten, konntest Du nicht mal eine Glühbirne wechseln.
Nach wenigen Jahren hast Du den Heizkessel in einem Sturm befestigt, während ich in Florida auf Ladung wartete.
Du wurdest ein wirklich guter Mechaniker, hast mir bei Reparaturen geholfen und ich war mächtig stolz auf Dich,
als Du in den Laster gesprungen bist und „BACKED IT UP“ (?) über den Rosenbüschen.

Ich war stolz auf Dich, wenn ich auf den Hof rollte und Dich im Auto schlafend auf mich warten sah.
Entweder war es zwei Uhr in der Nacht oder zwei Uhr am Nachmittag, immer hast Du für mich wie ein Filmstar ausgesehen.
Du weißt, Du bist wunderschön.
Vermutlich habe ich es Dir zu spät gesagt, aber Du bist es.

Ich habe viele Fehler in meinem Leben gemacht, aber wenn ich jemals die richtige Entscheidung getroffen habe, dann die,
Dich zu fragen, ob Du meine Frau werden willst.
Du konntest nie verstehen, warum ich immer unterwegs sein musste.
Ich konnte es auch nicht verstehen, aber es war mein Lebensweg und Du hast immer zu mir gehalten.
In guten und in schlechten Zeiten, Du warst immer da.

Ich liebe Dich, Schatz, und ich liebe unsere Kinder.

Mein Körper schmerzt, aber mein Herz tut noch mehr weh.
Du wirst nicht da sein, wenn diese Reise zu Ende geht.
Ich brauche Dich sosehr, aber ich weiß, es ist zu spät.

Ich weiß, es ist komisch, aber was ich jetzt habe ist der Truck.
Dieser verdammte Laster, der unsere Leben so lange bestimmt hat.
Dieses verdrehte, dicke Stück Stahl, in dem und mit dem ich soviele Jahre gelebt habe.
Aber es kann mir meine Liebe nicht zurück bringen.
Nur Du kannst das.

Du bist 1000 Meilen weit entfernt, aber ich kann Dich hier bei mir fühlen.
Ich kann Dein Gesicht sehen, Deine Liebe spüren und ich habe Angst den letzten Weg allein zu gehen.

Sag den Kindern, wie sehr ich sie liebe und lass sie niemals einen LKW fahren.

Ich glaube, es ist soweit, Schatz.
Mein Gott, aber ich liebe Dich so sehr.
Pass auf Dich auf und vergiss nicht, daß ich Dich über alles in meinem Leben liebe.

Ich hab vergessen es Dir zu sagen.

Ich liebe Dich

Bill

2 comments for “Brief eines amerikanischen LKW-Fahrers

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.