Arbeitsweg = Arbeitszeit?

„Wann gilt der Weg von zu Hause zum LKW, welcher in den Geltungsbereich der VO EG 561/2006 fällt, als Arbeitszeit?“

 

Antwort:

In der VO EG 561/2006 steht unter Artikel 9 Nr. (2) und (3) folgendes:

 

„(2) Die von einem Fahrer verbrachte Zeit, um zu einem in den Geltungsbereich dieser Verordnung
fallenden Fahrzeug, das sich nicht am Wohnsitz des Fahrers oder der Betriebstätte
des Arbeitgebers, dem der Fahrer normalerweise zugeordnet ist, befindet, anzureisen
oder von diesem zurückzureisen, ist nur dann als Ruhepause oder Fahrtunterbrechung
anzusehen, wenn sich der Fahrer in einem Zug oder auf einem Fährschiff befindet
und Zugang zu einer Koje oder einem Liegewagen hat.

(3) Die von einem Fahrer verbrachte Zeit, um mit einem nicht in den Geltungsbereich dieser
Richtlinie fallenden Fahrzeug zu einem in den Geltungsbereich dieser Verordnung fallenden
Fahrzeug, das sich nicht am Wohnsitz des Fahrers oder der Betriebsstätte des Arbeitgebers,
dem der Fahrer normalerweise zugeordnet ist, befindet, anzureisen oder von
diesem zurückzureisen, ist als andere Arbeiten anzusehen.

 

So ganz verständlich ist es nicht wirklich geschrieben, wie so oft bei Gesetzen.

Ich möchte anhand der Leitlinie Nr. 2 zur VO EG 561/2006 versuchen, dieses etwas verständlicher auszudrücken.

Leitlinie Nr. 2 beschreibt eigentlich nur, wie der Artikel 9 der VO EG 561/2006  zu verstehen ist.

Zitat:

„Ein Fahrer, der sich zu einem bestimmten Ort begibt, bei dem es sich nicht um die Betriebsstätte des Arbeitgebers handelt und an dem er gemäß Weisung seines Arbeitgebers ein von ihm zu lenkendes, mit einem Kontrollgerät ausgestattetes Fahrzeug zu übernehmen hat, erfüllt damit eine Verpflichtung gegenüber seinem Arbeitgeber und verfügt somit nicht frei über seine Zeit.“

 

 

Die Leitlinie Nr. 2 sagt dazu:

„Die von einem Fahrer aufgewandten Zeiten, um zu einem Ort zu gelangen oder von einem Ort
zurückzukehren, bei dem es sich weder um den Wohnsitz des Fahrers noch um die Betriebsstätte des Arbeitgebers handelt und an dem der Fahrer ein in den Geltungsbereich der Verordnung fallendes Fahrzeug zu übernehmen oder abzustellen hat, sollten – unabhängig davon, ob der Arbeitgeber Weisungen erteilt hat, wann und wie dieser Weg zurückzulegen ist, oder ob dies ins Ermessen des Fahrers gestellt wurde – entweder als „Bereitschaftszeiten“ oder als „andere Arbeiten“ erfasst werden.“

 

Beispiel:

Der Fahrer hat seinen LKW im Industriegebiet abgestellt. Der Standplatz ist weder der Standort der Spedition, noch ein von der Spedition angemieteter Platz. Somit wäre die Anreise zum LKW und die Abreise vom LKW nach Hause „Arbeitszeit“ respektive „Bereitschaftszeit“, da der Fahrer NICHT frei über seine Zeit verfügen kann.

Das gleiche gilt übrigens auch, wenn der Fahrer den LKW in besagtem Industriegebiet abstellt und ins Hotel geht. Denn das Hotel ist  NICHT der Wohnort des Fahrers.

 

Einfach zusammen gefasst:

Arbeitszeit oder Bereitschaftszeit ist der Arbeitsweg, wenn….

  • der LKW NICHT am Standort der Firma steht!
  • der LKW NICHT an einem vom Unternehmen gemieteten Standplatz steht!
  • der Startort des Fahrers NICHT das Zuhause des Fahrers ist!

 

Im Umkehrschluss:

Wenn man von daheim zum Firmenhof fährt und dort seinen LKW übernimmt, ist diese Anreise KEINE Arbeits- oder Bereitschaftszeit! Egal, wie lang die Anreise war!

 

In folgenden drei Fällen können die An- und Abfahrtzeiten als „Ruhepausen“ oder
„Fahrtunterbrechungen“ angesehen werden:

Erstens:

Wenn ein Fahrer ein Fahrzeug begleitet, das auf einem Fährschiff oder mit der Eisenbahn
befördert wird. In diesem Fall kann der Fahrer eine Ruhepause oder eine Fahrtunterbrechung einlegen, sofern ihm eine Schlafkabine bzw. ein Liegeplatz zur Verfügung steht (Artikel 9 Absatz 1).

Zweitens:

Wenn der Fahrer nicht ein Fahrzeug begleitet, sondern sich in einem Zug oder auf einem
Fährschiff zu einem Ort begibt oder von einem Ort zurückkehrt, an dem er ein in den Geltungsbereich
der Verordnung fallendes Fahrzeug übernimmt bzw. übergeben hat (Artikel 9 Absatz 2),
vorausgesetzt, er hat in dem betreffenden Zug Zugang zu einem Liegewagen bzw. auf dem
betreffenden Fährschiff Zugang zu einer Koje.

Drittens:

Wenn ein Fahrzeug mit mehr als einem Fahrer besetzt ist. Steht bei Bedarf ein zweiter Fahrer zum Lenken des Fahrzeugs zur Verfügung, der neben dem Fahrer des Fahrzeugs sitzt und diesen nicht aktiv bei seiner Tätigkeit unterstützt, kann ein Zeitraum von 45 Minuten der „Bereitschaftszeiten“ dieser Person als „Fahrtunterbrechung“ angesehen werden.

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