Wie kommt man als Frau auf die Idee, Berufskraftfahrerin zu werden? Einen LKW zu fahren? In einem Männerjob? In meinem Fall eigentlich ganz einfach: ich hatte einen Job in einer kleinen Zeitungsspedition, durfte allerdings nur die berühmt berüchtigten Sprinter fahren. Da es nun aber gewichtstechnisch immer mehr wurde, stand ich vor der Wahl, entweder den C1/C1E Führerschein zu machen oder aber gleich den „Großen“. Naja…ich hab nicht lang überlegt und mich für den C/CE entschieden.
Meine erste Fahrstunde war der absolute Horror. Der große LKW, die ganze neue Technik und und und. Am Ende habe ich alles verflucht: meinen Fahrlehrer, die Fahrschule, den LKW und auch meinen Mann, der mir Mut machen wollte. Aber tags darauf war alles vergessen und ich hab meinen „Lappen“ dann später doch geschafft. 🙂
Ich bekam ein paar Monate später dann einen neuen Job in einer Spedition im Nachbarort. Als erste Frau dort. Und das war schon ein Kampf. Erst mal war ich ja ein „Greenhorn“ auf dem LKW und dazu noch eine Frau. Da kamen dann Sprüche wie „Die kann das sowieso nicht!“ oder „Eine Frau auf´m LKW? Die können doch nicht mal ein Auto einparken!“ Klar hatte ich am Anfang meine liebe Müh, mit dem neuen LKW klar zu kommen, aber ich hab mir auch bei meinen männlichen Kollegen Rat geholt. Denn wie heißt es so schön? „Angriff ist die beste Verteidigung!“ 🙂
Diese Sprücheklopfer begegnen mir auch heute noch. Standardspruch „Frauen hinter´m Steuer von ´nem LKW? Die gehören inne Küche!“ Meine Antwort darauf „Hör mal Kurzer: wenn Du nicht kochen kannst, ist das Dein Problem. Ich kann beides: kochen UND LKW fahren!“ Das Gesicht auf solch eine Antwort? Göttlich und das Lachen der Kollegen, die dabei standen geht dann doch runter wie Öl. 🙂
Aus meinem Freundes- und Bekanntenkreis kamen natürlich viele Fragen. Warum ich den Job mache? Ob ich nicht Angst hätte, unterwegs auf Parkplätzen zu schlafen? Ob so ein großer LKW nicht schwer wäre zu fahren? Wenn ich im LKW übernachte, dann sehe ich zu, dass ich auf Raststätten oder Autohöfen zum Stehen komme. Dort kann man duschen, was Warmes essen und sich auch mal mit Kollegen/innen unterhalten. Und Angst im LKW zu übernachten habe ich nicht. Zum einen ist man auf den Raststätten/Autohöfen nie allein und es ist eigentlich ein ständiges Kommen und Gehen. Und zum anderen ist man eigentlich immer vorsichtig, egal wo man seine Pausen macht.
Und den großen LKW zu fahren ist für mich nichts anderes, wie meinen kleinen Nissan Micra zu fahren, nur halt etwas größer. 🙂
Negative Erfahrungen habe ich in meiner Zeit als Fahrerin auch Einige machen müssen. Man kommt an die Ladestellen und wird blöd angemacht, weil man eine Frau ist. Oder auch nur, weil man grad da ist. Andere Fahrer-Kollegen sind teils auch mal aggressiv, der Umgang im Straßenverkehr selbst ist grob, man wird richtig dumm angequatscht, grad, wenn man mal über CB-Funk nachfragt, wie die Strecke ausschaut oder warum es sich grad mal staut. Da kommen Sprüche absolut unterhalb der Gürtellinie, die mich überlegen lässt, ob dieser Kollege während seiner Erziehung grad mal nicht anwesend war.
Andersherum hatte ich neulich einen sehr netten Kollegen, der vor mir im Stau stand. Wir unterhielten uns schon eine Weile miteinander und beim Autobahnwechsel ließ er mich dann von der Beschleunigungsspur vor sich einscheren, damit ich überhaupt ´ne Chance hatte, im Stau auf die Autobahn zu kommen. Es geht also auch anders.
Nach mehr als 7 Jahren nun auf´m LKW bin ich froh, dass ich mich damals für den großen „Lappen“ entschieden habe. Es ist mein Traumjob. Klar, ich hab immer noch hin und wieder kleine Problemchen, stoße auch mal an meine Grenzen, geregelte Arbeitszeiten gibt es nicht wirklich und und und, aber ich will nichts anderes mehr machen und als ich die Gelegenheit bekam, den Gesellenbrief zu machen, habe ich diese ergriffen und meinen Abschluss zur Berufskraftfahrerin LKW gemacht.
Als nach einem Arbeitsunfall im Januar ´11 lange Zeit nicht klar war, ob ich überhaupt wieder LKW fahren würde können, habe ich in der Zeit angefangen, den Kraftverkehrsmeister zu machen, den ich jetzt, Gott sei Dank wieder auf dem LKW, berufsbegleitend zu Ende gebracht hab. Und mein Chef und die Spedition standen da absolut hinter und unterstützten mich, wo sie konnten.
Was mich besonders freut, ist, dass sich immer mehr Frauen zu diesem Job entscheiden. Egal ob im Nahverkehr, Fernverkehr national oder international, überall ist man froh, auf weibliche Kollegen zu stoßen. Warum auch nicht? Dieser Job ist nicht nur was für die Männer, Frauen können ihn genauso. Erfahrungen, die ich gemacht habe, sind, dass Frauen den Job teils sogar besser machen. Sie sind ausgeglichener, entspannter. Der Umgang mit dem LKW, der Ladung und auch untereinander im Straßenverkehr ist weniger „aggressiv“. Und diverse Statistiken geben uns Frauen Recht: Wir können auf jeden Fall genauso gut LKW fahren, wie die Männer! Wenn nicht sogar teils besser!. 🙂
In den ganzen Jahren jetzt, in denen ich LKW fahre, hatte und habe ich eine Familie hinter mir stehen, die mich voll und ganz unterstützt. Ohne sie wäre das alles nicht möglich! 🙂
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